K u r z f a s s u n g

Bundesland: NRW RW Solingen

Fachgebiet: Biologie

Titel der Arbeit: Nur anschauen, nicht anfassen! -Fruchtbehandlungsstoffe auf Zitrusfrüchten-
 
Gruppensprecher / Einzelteilnehmer
2. Teilnehmer
Name: Schulenburg Flötgen
Vorname: Felix Rob Jago
Straße: Schöne Aussicht 46 Hartemicker Weg 17c
PLZ/Ort: 51702 Bergneustadt 51702 Bergneustadt
Telefon: O2261 / 48701 O2261 / 49797
Geb.-Dat.: 22. 10. 1993 13. 07. 1993
e-mail: Blink-93@web.de ------
Die Untersuchung der im Handel vertriebenen Zitrusfrüchte hat ergeben, dass sie mit insgesamt vier verschiedenen Fruchtbehandlungs (FBS)-oder Nacherntekonservierungsstoffen (NEK), behandelt werden. Zu nennen sind Biphenyl 
(E 230), das aber trotz Verbotes (2005) immer noch eingesetzt wird, Orthophenylphenol (E 231), Thiabendazol 
(E 233) und Imazalil (ohne E-Nr.). Unsere statistischen Erhebungen in Supermärkten haben ergeben, dass in ca. 75 % aller Fälle 2-3 FBS gleichzeitig als Wachsemulsion aufgetragen werden, nie aber alle vier. Dabei müssen bestimmte Grenzwerte eingehalten werden (Im 5 mg / kg, Th 6 mg / kg, oPP 12 mg / kg Bi 70 mg / kg Zitrusfrucht). Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht waren in den Supermärkten kaum feststellbar. In den meisten Obst- und Gemüsegeschäften fehlten jedoch durchgehend jegliche Angaben zur Schalenbehandlung und zum Herkunftsland. Nach jüngsten Untersuchungen durch Öko-Test im Dezember 2007 sind bei 19 verschiedenen Mitteln bis zu 10 verschiedene Schadstoffe auf einer Probe nachgewiesen worden. Über ihre Wirkung auf den Stoffwechsel und die Schädlichkeit für den Verbraucher ist relativ wenig bekannt, so dass die Meinungen darüber oft auseinander gehen. 

Unsere ersten Untersuchungen an vollständigen Zitrusfrüchten konnten keine Hinweise liefern, dass die FBS die Haltbarkeit in irgend einer Weise beeinflussen. In Einzelfällen waren die behandelten Früchte (Th / Im) sogar empfindlicher und verschimmelten deutlich schneller. Wahrscheinlich hing dies mit ihrem Alter zusammen und der Tatsache, dass sie vor dem Verkauf bereits lange gelagert und durch die Bedingungen beim langen Transport beeinflusst waren. 

Wir haben versucht, diese Stoffe biologisch nachzuweisen, wobei wir uns an wenigen, hpts. im Internet veröffentlichten Untersuchungen orientiert haben. Dabei konnten wir feststellen, dass die dort dargestellten Ergebnisse wegen methodisch unsauberer und fehlerhafter Untersuchungen undifferenziert und fragwürdig sind. Wir haben deshalb diese Untersuchungen modifiziert und durch konkrete, bis ins Detail begründete Versuchvorschriften ergänzt. Als Untersuchungsobjekte dienten uns dabei Kressesamen (Keimung) und vor allem Hefezellen (alkoholische Gärung unter anaeroben Bedingungen). Die experimentellen Schwierigkeiten bestanden vor allem darin, dass die eingesetzten FBS wegen ihrer Wasserunlöslichkeit nur als Suspensionen oder in alkoholischer Lösung eingesetzt werden und die Schalenöle durch ihre eigene fungizide Wirkung die Ergebnisse verfälschen können. Auch das Problem, dass nicht alle FBS einzeln eingesetzt, in Abhängigkeit zur Zitrusart kombiniert und nicht ständig angeboten werden, erschwerte die Untersuchung übers Jahr. 

Durch Verwendung der Reinstoffe ist es uns aber in standardisierten Versuchen mit Hefezellen gelungen, nachzuweisen, dass die verschiedenen FBS unterschiedlich wirken. Um die erzielten Wirkungen sichtbar werden zu lassen, mussten wir außerdem die erzielten Ergebnisse in besonderer Weise aufbereiten. Daraus haben wir dann ein Modell zur Wirkung der Stoffe entwickelt, in dem unterschiedliche Zeitpunkte und Wirkmechanismen eine Rolle spielen. So gehen wir davon aus, dass das unpolare Biphenyl im direkten Kontakt oder über seinen hohen Dampfdruck in die ebenfalls sehr unpolaren, stark wasserabweisenden Pilzsporen eindringt und sie konzentrationsabhängig schädigt. Gelingt es trotzdem noch einigen davon, bei Wasserzutritt auszukeimen, dringt das meistens als wasserlösliche Salz eingesetzte Thiabendazol in die Zellen ein und verhindert die Zellteilung durch Blockierung des Aufbaus eines Spindelapparates. Imazalil konnte aus Kostengründen nicht in reiner Form untersucht werden, ist aber, wie Versuche mit entsprechend behandelten Schalen zeigen, ebenfalls in dieser Auskeimungsphase wirksam (Störung der Zellwandbildung). Sollten es dann immer noch einige Zellen schaffen, diese Phase zu überstehen, werden diese durch den wirksamsten FBS, das Orthophenylphenol, angegriffen. Nach unseren Versuchen mit Milch bindet es, ähnlich wie die strukturell verwandten Gerbstoffe, Eisen, so dass die Zelle daran verarmt. Möglicherweise tötet es auch die Hefezellen durch Eiweißfällung ab, wie dies für Gerbstoffe typisch ist. Somit wirkt der Stoff auch auf tote Zellen, verbraucht sich dabei und ermöglicht es, überlebenden Zellen neue Populationen aufzubauen. Vom Kurvenverlauf her ist eine klare, konzentrationsabhängige Vergiftungsgrenze feststellbar.

Der Versuch, die Wirkstoffe direkt auf den Schalen der Zitrusfrüchte nachzuweisen war sehr schwierig und gelang erst nach vielen Fehlversuchen. Erst durch entsprechende Berechungen konnten wir zeigen, dass auf Grund der sehr niedrigen Grenzwerte zum Nachweis große, aber wegen unterschiedlicher Dicke nicht klar festlegbare Schalenmengen nötig sind. Mit Hilfe eines Kartoffelschälers ist uns dann aber doch die Produktion gleich dicker Schalen gelungen, so dass dadurch auch das Problem unterschiedlicher Gehalte von ebenfalls leicht fungizid wirkenden Schalenölen relativiert werden konnte. Mit kleinen, mit dem Korkbohrer ausgestochenen Schalenteilen (1,57 cm2) ist außerdem der Nachweis gelungen, dass die FBS die Besiedlung der Schalenoberflächen mit Sporen beeinträchtigt, deren Auskeimung beeinträchtigt und die Lebensfähigkeit der Zellen beeinträchtigt. 

Insgesamt haben wir eine sehr umfangreiche, vielfältige und komplexe Untersuchung durchgeführt, die durch ihre oft überraschenden Ergebnisse auch sehr spannend war.